Thomas von Aquin war ein führender mittelalterlicher Theologe und Philosoph. Er verband die Philosophie des Aristoteles mit der christlichen Theologie. Sein Hauptwerk, das „Summa Theologica“, befasste sich mit der Struktur der Welt und der Frage, inwieweit der Mensch am göttlichen Wesen teilhat und wie er es erkennen kann.
Steckbrief
- Name: Thomas von Aquin
- Geboren: ca. 1225 in Roccasecca (Italien)
- Gestorben: 07.03.1274 im Kloster Fossanova bei Priverno (Italien)
- Beruf: Theologe, Philosoph
- Verheiratet: nein
- Kinder: keine
Kindheit und Jugend
Thomas von Aquin wurde auf Schloss Roccasecca in der heutigen italienischen Region Latium geboren. Er war das siebte Kind des Grafen Landulf von Aquino und seiner Frau Donna Theodora, Gräfin von Teate. Sein Vater stammte aus der Lombardei, seine Mutter aus einer neapolitanischen Familie.
Als kleiner Junge wurde Thomas als Oblate (d. h. als angehender Mönch) in das Benediktiner-Kloster Monte Cassino geschickt. Seine Familie wünschte sich, dass er eines Tages Abt werden solle.
Nach neun Jahren im Kloster kehrte Thomas zu seiner Familie zurück, da der Kaiser die Mönche seiner Abtei im Jahr 1239 wegen ihrer ausgeprägten Papsttreue vertrieb.
Eintritt in den Dominikanerorden
In diesem Zuge beschloss Thomas, sich den Dominikanern anzuschließen. Hierbei handelte es sich um einen 30 Jahre zuvor gegründeten Orden, der sich vom traditionellen paternalistischen Zusammenleben der Mönche distanzierte und ein demokratischer geprägtes Miteinander als Bettelmönche anstrebte.
Thomas verlies das klösterliche Leben des Gebets und der körperlichen Arbeit, um sich auf das Predigen und Lehren zu konzentrieren. Damit vollzog er einen befreienden Schritt weg von der feudalen Welt, in die er hineingeboren wurde, und den starren klösterlichen Strukturen, in denen er aufgewachsen war.
Seine Familie lehnte seinen Eintritt in den Dominikanerorden jedoch ab. Um Thomas vom Einfluss seiner Eltern fernzuhalten, schickte der Orden ihn zunächst nach Rom und dann nach Bologna.
Auf dem Weg dorthin wurde er jedoch im Auftrag seiner Familie entführt und für circa ein Jahr auf der Burg Monte San Giovanni Campano und dann auf Roccasecca festgehalten.
Da Thomas darauf bestand, Dominikaner zu bleiben, lenkte seine Familie ein und erlaubte ihm, in den Dominikanerkonvent von Neapel zurückzukehren.
Studium und Lehrtätigkeit in Paris
Von 1245 bis 1248 studierte Thomas von Aquin in Paris bei Albertus Magnus. Diesem folgte er anschließend nach Köln, wo er 1248 bis 1252 sein Assistent war. Im Jahr 1252 ging er wieder nach Paris, wo er bis 1256 erste eigene Lehrveranstaltungen abhielt.
Seine Zeit in Paris fiel mit der Wiederentdeckung der Schriften des Aristoteles zusammen. Diese waren kurz zuvor in arabischer Übersetzung aufgefunden worden.
Die scholastische Lehre
Thomas von Aquins großes Verdienst war es, die Philosophie des Aristoteles in das christliche Denken zu integrieren. Er war damit ein Vertreter der sogenannten Scholastik, eine theologische Strömung, welche sich verschiedener Leitsätze sowie Methoden der Argumentation bedient, um theologische und philosophische Fragen zu behandeln und miteinander zu verknüpfen.
Thomas glaubte, dass wissenschaftliche Rationalität auch innerhalb des Glaubens funktionieren kann. Während Aristoteles sich ausschließlich auf die Vernunft stützte, akzeptierte Thomas von Aquin den Glauben als Ausgangspunkt, den er mit Hilfe der Vernunft zu erklären versuchte.
Dieser Standpunkt war umstritten, ebenso wie sein Glaube an den hohen religiösen Wert der Natur, den Thomas von Aquin damit begründete, dass eine Herabsetzung der Vollkommenheit der Schöpfung einer Herabsetzung des Schöpfers gleich käme.
Eine deutsche Übersetzung der wichtigsten Schriften des Thomas von Aquin findet man hier.
Thomas von Aquins Tod
Am 7. März 1274 starb Thomas von Aquin auf einer Reise zum Kloster Fossanova. Die Todesursache ist nicht bekannt.
Im Jahr 1323 sprach ihn Papst Johannes XXII. heilig. Im Jahr 1567 wurde er zudem in den Rang eines Doktors der Kirche erhoben.
Sein Zeitgenosse Dante Alighieri mutmaßte in seiner “Göttlichen Komödie”, dass Thomas von Aquin im Auftrag von Karl I. von Anjou, dem König von Sizilien, vergiftet wurde. Hierfür gibt es aber keine konkreten Anhaltspunkte.
5 interessante Fakten zu Thomas von Aquin:
- Thomas von Aquin hielt seine Gedanken in einer Vielzahl von Manuskripten und Büchern fest. Im Schnitt produzierte er rund 4.000 Seiten pro Jahr.
- Allerdings schrieb er nie selbst, denn er soll eine sehr unleserliche Handschrift gehabt haben. Vielmehr diktierte er all seine Arbeiten seinen Sekretären, die seine Worte niederschrieben.
- Thomas von Aquin war der erste Scholastiker, der Aristoteles Ideen mit der christlichen Lehre verband. Diese Strömung innerhalb der Scholastik nennt man deshalb auch „Thomismus“.
- Papst Leo XIII. erklärte 1879 den „Thomismus“ zur offiziellen Philosophie der katholischen Kirche.
- Als Thomas noch ein Kind war, wäre er beinahe von einem einem Blitz erschlagen worden. Der Blitz verfehlte ihn nur knapp, tötete jedoch eine seiner Schwestern.
Die 5 Gottesbeweise
Eines der berühmtesten Konzepte von Thomas von Aquin sind die sogenannten “5 Gottesbeweise”. Diese beschäftigten sich mit der Fragen zur Existenz Gottes und wie man sie mit Mitteln der Vernunft beweisen kann:
1. Der „bewegungslose Beweger”
Thomas von Aquin ging davon aus, dass unsere Sinne beweisen, dass wir uns „in Bewegung“ befinden. Aber alles, was sich bewegt, wird von einer anderen Kraft bewegt. Alles, was sich bewegt, wird immer wieder von etwas anderem in Bewegung gebracht, und das kann nicht unendlich weitergehen. Daher muss es immer ein erstes Ding geben, das sich bewegt, und das nicht durch ein zweites Ding bewegt wird. Das erste, was sich bewegt, ist laut Aquin Gott.
2. Die „Wirkursache“
Jede Ursache wird durch eine andere Ursache verursacht. Aber es muss eine erste Ursache geben, die nicht verursacht wird, und diese ist aus Sicht von Thomas von Aquin in Gott zu finden.
3. Das „notwendige Wesen“
Alle Wesen sind begrenzt und kontingent („sie existieren und hören auf zu existieren“). Aber wenn alles so ist, wie es scheint, wird eines Tages ein Moment kommen, in dem alles aufhört zu sein und somit nichts mehr wäre. Da das absurd ist, setzt die Existenz von kontingenten Wesen voraus, dass es ein Wesen gibt, welches allein durch sich notwendig ist, d.h. Gott.
4. Das „absolute vollkommene Wesen“
Ein endliches Wesen verwirklicht alle Ebenen der Vollkommenheit. Daher muss es ein absolut vollkommenes Wesen geben, das die Ursache aller Vollkommenheit ist, nämlich Gott.
5. Die „leitende Vernunft“
Das Handeln aller Wesen folgt einem bestimmten Zweck. Dieses Handeln kann nicht dem Zufall entspringen, denn sie werden von einem Wesen mit Vernunft und Willen geleitet. Daher gibt es ein rationales Wesen, das die Natur ordnet und sie ihrem Zweck zuführt. Dieses vernünftige Wesen ist Gott.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Thomas von Aquin eine herausragende Persönlichkeit in der Geschichte der Philosophie und Theologie ist, deren bleibendes Vermächtnis den intellektuellen Diskurs bis heute prägt.
Seine tiefgreifenden Einsichten in die Beziehung zwischen Vernunft und Glaube, seine Synthese des aristotelischen Denkens mit der christlichen Lehre und seine akribische Erforschung theologischer Prinzipien haben die westliche intellektuelle Tradition unauslöschlich geprägt.
Wenn wir über das Leben und das Werk von Thomas von Aquin nachdenken, werden wir daran erinnert, wie sehr der offene Dialog und das Streben nach Erkenntnis unser Verständnis der Welt und unseres Platzes in ihr prägen.
Häufige Fragen und Antworten zum Thema (FAQ)
Thomas von Aquin absolvierte ein Theologiestudium in Paris, welches er ab 1248 in Köln fortsetzte. Während des Studiums fand er in Albertus Magnus, der zeitweise auch als Bischof in Regensburg tätig war, einen herausragenden Lehrmeister.
Nach Thomas von Aquin wird das Selbst nicht als ein isolierter Geist betrachtet, sondern vielmehr als ein Akteur, der ständig mit der Umwelt interagiert. Aquins Theorie der Selbsterkenntnis betont, dass unser Verständnis von uns selbst eng mit unseren Umwelterfahrungen verbunden ist.
Er lehnt die Vorstellung ab, dass der Geist im Hintergrund immer ein bewusstes Selbstbewusstsein hat, und schlägt stattdessen vor, dass unser Bewusstsein von uns selbst durch unsere Interaktionen mit äußeren Objekten geprägt wird.
Aquin beschreibt den Geist als eine formlose Einheit, die Gestalt annimmt und Selbstbewusstsein erlangt, wenn sie sich mit etwas beschäftigt. Diese Perspektive hebt die dynamische Beziehung zwischen dem Selbst und seiner Umgebung hervor und betont, dass unsere Selbstwahrnehmung durch unsere Erfahrungen ausgelöst und geformt wird.
Thomas von Aquin hatte acht Geschwister, drei Brüder sowie fünf Schwestern.
Thomas von Aquin wird als Schutzpatron der Universitäten und der Gelehrten verehrt. Er verkörpert die Bildung und dient als inspirierendes Vorbild für junge Menschen.
Thomas von Aquin wird aufgrund seiner umfangreichen Schriften und Lehren über die Engel als “Doctor Angelicus” bzw. “Engelsdoktor” bezeichnet.
Eine Geschichte aus seinem Leben erzählt zudem von einer mystischen Erfahrung, bei der er von zwei Engeln besucht wurde, die ihn mit einer Keuschheitsschnur umgürteten, was sein unerschütterliches Engagement für Reinheit und Keuschheit symbolisiert.
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Quellen und weiterführende Literatur:
- Aquin, Thomas Von/Edith Stein: Über die Wahrheit: Quaestiones Disputatae de Veritate, Neuausgabe, marix Verlag ein Imprint von Verlagshaus Römerweg, 2013
- Davies, Brian: Thomas von Aquin: Eine kurze Einführung, 1. Aufl., editiones scholasticae, 2018
- Wulf, De Maurice: Die Philosophie des Thomas von Aquin, 1. Aufl., Editiones Scholasticae, 2013
- https://www.philomag.de/philosophen/thomas-von-aquin
- https://www.wissen.de/bildwb/thomas-von-aquin-der-aristoteles-des-mittelalters
- https://www.swr.de/swr2/wissen/thomas-von-aquin-glauben-und-wissen-verbinden-swr2-wissen-2024-03-06-102.html
Beitragsbild: Thomas von Aquin – Carlo Crivelli, Public domain, via Wikimedia Commons
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