Wir zählen das Jahr 1618. Der Schuster Hans Heberle steht am Fenster seiner Wohnstube im nächtlichen Ulm. Er beobachtet einen leuchtenden Kometen am Horizont. Ist das Himmelsereignis ein Vorzeichen für das schreckliche Unheil, das über die Menschen in Europa hereinbrechen wird?
Ein religiöser und machtpolitischer Konflikt
Hans Heberle lag mit seiner Vermutung richtig. Im selben Jahr begann der Dreißigjährige Krieg – eine militärische Auseinandersetzung von nie dagewesener Grausamkeit.
Der Dreißigjährige Krieg war ein religiöser und machtpolitischer Konflikt zwischen mehreren europäischen Staaten. Er wurde von 1618 bis 1648 auf dem Gebiet des „Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation“ ausgetragen. Die deutschen Regionen wurden dabei völlig verwüstet.
Dieser Krieg gilt als eines der zerstörerischsten Ereignisse in der europäischen Geschichte. Er forderte in seinem Verlauf zwischen 6 bis 8 Millionen Menschenleben.
Hans Heberle schrieb die Ereignisse aus seiner Perspektive nieder und wurde dadurch zu einem der wichtigsten Chronisten dieser Zeit. Hier findet man Auszüge aus seinen Aufzeichnungen >>
Was waren die Gründe für den Ausbruch des Dreißigjährigen Kriegs?
Um die Ursachen für den Dreißigjährigen Krieg zu verstehen, muss man sich die Geschehnisse vor Augen führen, welche sich rund 100 Jahre vor Kriegsausbruch abspielten.
Die Reformation und ihre Nachwirkungen
Als Martin Luther im Jahr 1517 seine 95 Thesen an die Schlosskirche in Wittenberg schlug, löste er die Reformation aus. Das führte zu einer tiefen Spaltung des abendländischen Christentums.
Luthers Anhänger fühlten sich in den darauffolgenden Jahrzehnten von einem aggressiven Katholizismus in die Enge getrieben. Im Rahmen der Gegenreformation versuchte der Vatikan protestantische Gebiete zu rekatholisieren.
In katholisch dominierten Gebieten kam es zu verschiedenen Repressalien gegenüber der protestantischen Minderheit. So versuchte man mit Schmähschrift und Theaterstücken den Protestantismus zu verunglimpfen. Protestanten wurden aus staatlichen und politischen Ämtern verdrängt, evangelische Pfarrer oftmals sogar verjagt.
Ferner schlossen sich die katholischen Stände in der „Katholischen Liga“ zusammen, als Gegenstück zum „Schmalkaldischen Bund“, in welchem die Protestanten organisiert waren.
Der Augsburger Religionsfriede von 1555 änderte an der Situation nicht viel. Dieser gab den Landesherren das Recht, die Konfession auf ihrem Staatsgebiet zu bestimmen. So sollte Ordnung in das bis dahin herrschende konfessionelle Chaos gebracht werden.
Ruhe kehrte dadurch nicht ein, ganz im Gegenteil. Die Schikane Andersgläubiger wurde nun von staatlicher Seite vorangetrieben. Zudem wurden nicht nur Protestanten verfolgt. In protestantischen Fürstentümern wendeten sich die Repressionen alsbald gegen die Katholiken.
Zu welcher Konfession sollte man sich bekennen? Zu den Katholiken, den Lutheranern oder den Calvinisten? Viele Menschen waren verunsichert und litten unter Existenzängsten.
In dieser toxischen Mixtur begann es immer mehr zu brodeln. Der sich aufbauende Druck entlud sich schließlich in Form des Dreißigjährigen Kriegs. Doch eins nach dem anderen…
Böhmen – das Epizentrum des Glaubenskonflikts
Ausgangspunkt für den Kriegsausbruch war das protestantisch geprägte Böhmen. Dort spitzte sich die Lage ganz besonders zu.
1576 bestieg der Habsburger Rudolf II. (1522-1612), ein tiefgläubiger Katholik, den deutschen Kaiserthron in Prag. Gleichzeitig war er der Landesherr von Böhmen. Rudolf nutze seine kaiserliche Macht, um protestantische Gebiete zum katholischen Glauben zurückzubewegen.
Beispielsweise zwang er die freie Reichsstadt Donauwörth zurück zum Katholizismus. Hierzu verhängte er die Reichsacht über die Stadt und beauftragte den bayerischen Herzog Maximilian I. mit deren Vollstreckung. Dieser verleibte Donauwörth dem bayerischen Staatsgebiet ein und setzte die Rekatholisierung durch.
Infolgedessen verließen die protestantischen Abgeordneten den Reichstag, welcher dadurch nicht mehr handlungsfähig war.
Im Jahr 1612 wurde Rudolfs Bruder, Erzherzog Matthias, zum böhmischen König und zum deutschen Kaiser gekrönt. Dieser veranlasste die Schließung der evangelischen St.-Wenzels-Kirche in Braunau und den Abriss einer weiteren protestantischen Kirche in Klostergrab.
1617 bestieg Ferdinand II. den Thron in Böhmen. 1619 übernahm er auch das Kaiseramt. Während seiner Regentschaft verschärfte sich die Situation weiter. Ferdinand war ebenso ein katholischer Hardliner, wie seine Vorgänger. Den Protestantismus versuchte er mit allen Mitteln zu bekämpfen.
So nahm er beispielsweise die Religionsfreiheit der Protestanten in Böhmen zurück, welche diesen im sogenannten Majestätsbrief zugesichert war.
Der Prager Fenstersturz
Die Konfrontation zwischen den böhmischen Protestanten und kaisertreuen Katholiken gipfelte 1618 im sogenannten “Prager Fenstersturz”. Evangelische Adelige stürmten im Rahmen einer Protestaktion die böhmische Kanzlei in der Prager Burg. Der Abriss der Kirche in Klostergrab und die Einschränkung der Religionsfreiheit hatten das Fass um Überlaufen gebracht.
Die Eindringlinge inszenierten eine Art Schauprozess und warfen schließlich zwei kaiserliche Vertreter und den Kanzleisekretär buchstäblich aus dem Fenster. Wie durch ein Wunder überlebten die drei Männer. Der Legende nach sollen sie auf einem Misthaufen gelandet sein.
Nun flammten militärischen Auseinandersetzungen zwischen den Protestanten in Böhmen und den kaiserlichen Truppen auf. Der Dreißigjährige Krieg nahm seinen Lauf.
Die Böhmen erhielten Unterstützung von der ebenfalls protestantisch geprägten Pfalz (Böhmisch-Pfälzischer Krieg). Außerdem erklärten sie Ferdinand II. für abgesetzt und bestimmten Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz zum böhmischen König (Winterkönig).
Der Kaiser war zum Sieg verdammt. Seine Absetzung als böhmischer König war nicht nur eine Demütigung. Ein protestantischer Landesherr in Böhmen hätte die Mehrheitsverhältnisse im Reichstag zu Ferdinands Ungunsten gewendet.
Doch ein Krieg ist teuer. Der Kaiser war auf Unterstützung angewiesen. Diese fand er beim ebenfalls katholischen bayerischen Herzog Maximilian. Der stellte allerdings Forderungen. Die pfälzische Kurwürde, den Vorsitz in der katholischen Liga und die Erstattung aller Kriegskosten wollte er als Belohnung für einen erfolgreichen Feldzug haben. Ferdinand kam dem Verlangen nach. Die Abmachung wurde mit dem sogenannten “Münchner Vertrag” besiegelt.
Der Dreißigjährige Krieg breitete sich von da an unaufhaltsam aus. Immer mehr Länder wurden in den Konflikt hineingezogen.
Wer waren die Kriegsparteien?
Im Grunde handelte es sich beim Dreißigjährige Krieg um mehrere (Teil)-Kriege. Insofern gab es viele verschiedene Kriegsparteien.
Auf der Seite der Katholiken standen:
- die Truppen des deutschen Kaisers
- die katholischen Teilstaaten, organisiert in der Katholischen Liga
- Spanien, das mit dem Habsburger Kaiserhaus familiär verbunden war
Zur protestantischen Fraktion zählten:
- die protestantischen Teilstaaten des deutschen Reichs
- deren Verbündete, wie Dänemark, Schweden und Frankreich
Auch England unterstützte die Protestanten, es beteiligte sich aber nicht an Kampfhandlungen.
Wer waren die politischen und militärischen Entscheidungsträger?
Einige Herrscher und Heerführer spielten im Dreißigjährigen Krieg tragende Rollen. Mit ihrer Kriegslust und Machtgier zogen sie das Blutvergießen in die Länge. Hier ein Überblick:
Kaiser Ferdinand II.
Ferdinand II. (1578 – 1637) war Erzherzog von Österreich, König von Böhmen und ab 1619 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.
Er galt als äußerst fromm und entwickelte einen fanatischen Eifer bei der Verteidigung der katholischen Interessen. Ferdinand betrachtete die Schwierigkeiten während seiner Regentschaft – allen voran den Krieg – als Prüfungen Gottes. Die Rekatholisierung des deutschen Reichs war sein wichtigstes Ziel.
Herzog Maximilian I. von Bayern
Maximilian I. von Bayern (1573 – 1651) war ein treuer Unterstützer von Kaiser Ferdinand. Genau wie dieser war Maximilian ein streng gläubiger Katholik.
Der bayerische Herzog unterstützte Ferdinand erfolgreich im Böhmisch-Pfälzischen Krieg. Hierfür wurde er mit der pfälzischen Kurwürde und der Angliederung der Oberpfalz an Bayern entlohnt.
Mit dem Vorrücken der Schweden geriet er allerdings deutlich in die Defensive. Das schwedische Heer konnte im Verlaufe des Kriegs tief in bayerische Gebiete vordringen. Es besetzte unter anderem München.
Bei den Verhandlungen zum Westfälischen Frieden bewies Maximilian wiederum Geschick. Er erreichte, dass die Kurwürde und die Oberpfalz bei Bayern blieben.
Wallenstein
Albrecht Eusebius Wenzel Wallenstein (1583 – 1634) war ein böhmischer Feldherr und ursprünglich protestantischen Glaubens. Er konvertierte zum Katholizismus und agierte ab 1626 für den habsburgischen Kaiser Ferdinand II. als Generalissimus.
Wallenstein führte Kriegssteuern in den besetzten Gebieten ein. Mit dem Geld finanzierte er die Armee – ein Ansatz, der bis dato völlig neu war und die Kriegskassen gut füllte. „Der Krieg ernährt den Krieg“ lautete sein Kredo.
1629 schlug er die Dänen zurück und wurde dafür vom Kaiser belobigt. Wallenstein bemühte sich aber auch um Frieden. Da Kaiser Ferdinand weitere militärische Aktionen beabsichtigte, setzte er Wallenstein zwischenzeitlich ab.
Als die Schweden in Richtung Süddeutschland vorstießen, berief ihn der Kaiser aus Verzweiflung wieder zurück. Bei seinen Bemühungen um Frieden blieb Wallenstein indes unnachgiebig. So verhandelte er z.B. eigenmächtig mit schwedischen Gesandten.
Der Kaiser setzte ihn daraufhin erneut ab und ließ ihn wegen Hochverrats anklagen. Schließlich ermorden kaiserliche Schergen den früheren Günstling des Monarchen.
Graf von Tilly
Johann T’Serclaes Graf von Tilly (1559 – 1632) war oberster Kommandant der Truppen der katholischen Liga. Nach Wallensteins Absetzung übernahm er auch den Befehl über die Armee des Kaisers.
Tilly entstammte dem niederländischen Kleinadel. Nach ersten militärischen Erfolgen im Dreißigjährigen Krieg wurde er vom Kaiser in den Grafenstand erhoben.
Als Heerführer war er am Krieg in Böhmen, der Kurpfalz und der Schlacht am Weißen Berg beteiligt. Zudem schlug er zusammen mit Wallenstein die Dänen erfolgreich zurück, trieb die Rekatholisierung in Niedersachsen gewaltsam voran und war er für die grausame Zerstörung Magdeburgs verantwortlich.
Im Kampf gegen die Schweden kam er allerdings ins Hintertreffen. 1632 wurde er während einer Schlacht bei Rain am Lech verwundet. Tilly zog sich daraufhin ins bayerische Ingolstadt zurück, wo er an Wundstarrkrampf starb.
Gustav Adolf
Gustav Adolf (1594-1632) war von 1604 bis 1632 König von Schweden. Er gilt als der mächtigste Akteur aufseiten der Protestanten. Durch seinen Kriegseintritt im Jahre 1630 verhinderte er den Sieg des katholischen Lagers. Gustav Adolf stieß dabei weit in süddeutsche Gebiete vor.
Oft beteiligte er sich selbst als Feldherr an den Schlachten. Das wurde ihm letztlich zum Verhängnis. In einem Gefecht bei Lützen wurde er angeschossen und schließlich von kaiserlichen Soldaten getötet.
Christian IV.
Christian IV. war von 1588 bis zu seinem Tod im Jahr 1648 König von Dänemark. Im Dreißigjährigen Krieg kämpfte er für die Protestanten.
Christian IV. versuchte, Kontrolle über Gebiete in Deutschland wiederzuerlangen, die sein Vater Christian III. verloren hatte. Dazu schickte er im Jahr 1625 Truppen an der Seite anderer protestantischer Staaten, wie Sachsen, Pommern und Brandenburg-Preußen, in die Schlacht.
Sein Kriegsglück war aber nur von kurzer Dauer. Alsbald wurde er von katholischen Streitkräften aus dem deutschen Territorium vertrieben.
Wie gestaltete sich der Kriegsverlauf?
Wie erwähnt, setzt sich der Dreißigjährige Krieg aus mehreren Teilkriegen zusammen. Diese gingen als
- Böhmisch-Pfälzischer Krieg
- Dänischer-Niedersächsischer Krieg
- Schwedischer Krieg
- und Schwedisch-Französischer Krieg
in die Geschichte ein. Sie sind nach den Ländern bzw. Fraktionen benannt, die jeweils mit dem deutschen Kaiser im Widerstreit standen.
Böhmisch-Pfälzischer Krieg (1618 – 1623)
Nach dem Prager Fenstersturz entbrannten gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen den böhmischen Protestanten und den katholischen Reichsfürsten.
Um ihre militärische Schlagkraft zu erhöhen, verbündeten sich die Böhmen mit dem protestantischen Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz. Sie ernannten ihn – wie erwähnt – sogar zu ihrem König.
Die anderen evangelischen Reichsfürsten hielten sich zu diesem Zeitpunkt noch aus den Kampfhandlungen heraus. Georg von Sachsen, ebenfalls ein Protestant, sicherte sogar zu, nicht einzugreifen, nachdem ihm Ferdinand II. die Lausitzer Markgrafschaft versprochen hatte.
Die entscheidende Schlacht des Böhmisch-Pfälzischen Kriegs fand 1620 am Weißen Berg bei Prag statt. Das Gefecht konnten die katholischen Truppen für sich entscheiden. Die Anführer der Protestanten wurden gefangengenommen und hingerichtet. Friedrich V. floh in die Niederlande.
Als Ferdinand II. dem bayerischen Herzog Maximilian I. die Oberpfalz zusprach und die pfälzische Kurwürde auf Bayern übertrug, setzte er sich über geltendes Gewohnheitsrecht hinweg. Gemäß diesem sollte der Kaiser nichts an der Vergabe der Kurwürde ändern.
Dadurch brachte Ferdinand weitere protestantische Fürsten gegen sich auf. Deren anfängliche Zurückhaltung war nun verflogen. Denn sie bangten um ihre Privilegien und Hoheitsgebiete.
Aber auch viele Nachbarstaaten des römisch-deutschen Reiches fühlten sich bedroht. Frankreich wurde das Habsburger Kaiserhaus zu mächtig. Denn die Habsburger hatten nicht nur ihre militärische Schlagkraft unter Beweis gestellt. Sie waren auch mit der spanischen Krone familiär verbunden. Die Spanier herrschten wiederum über die Niederlande.
Doch auch England und die skandinavischen Länder beobachteten das Geschehen im deutschen Reich mit Argusaugen.
Dänisch-Niedersächsischer Krieg (1625 – 1629)
Vor allem das protestantische Dänemark sah sich durch den erstarkenden Katholizismus bedroht. Der dänische König, Christian IV., war gleichzeitig Herzog von Holstein. Er erachtete es als seine Pflicht, die norddeutschen Protestanten zu schützen.
Viele norddeutsche Fürstentümer, insbesondere Niedersachsen, verbündeten sich mit Dänemark. König Christian wurde sogar zum Kreisobristen des niedersächsischen Reichskreises ernannt.
Auch Friedrich V. bemühte sich aus dem niederländischen Exil um ein protestantisches Bündnis. Wohl weniger des Glaubens wegen, sondern weil er wieder zu alter Macht gelangen wollte.
Die Dänen und ihre Bündnispartner griffen im Jahr 1625 die kaiserlichen Truppen an. Sie erhielt dabei finanzielle Unterstützung von Frankreich, England und den Niederlanden.
Christian entschied sich aber nicht allein aus religiösem Eifer für den Angriff. Gleichzeitig beabsichtigte er sein Reich zu vergrößern, vor allem um Gebiete, die sein Vater vor Jahren verloren hatte.
Die kaiserlichen Truppen schlugen die dänische Armee jedoch zurück. Hierbei taten sich die katholischen Heerführer Wallenstein und Tilly besonders hervor. Große Teile des protestantischen Kirchenbesitzes gelangten in katholische Hand.
Schwedischer Krieg (1630 – 1635)
Nach der Niederlage von Christian IV. nahm Gustav Adolf von Schweden das Heft in die Hand. Er sah die Chance, seinem Land eine Vormachtstellung im Ostseeraum zu sichern.
1630 führte er seine Truppen nach Pommern und schwang sich zum Retter des deutschen Protestantismus auf. Er verbündeten sich mit den protestantischen Fürsten von Brandenburg und Sachsen und stießen bis nach Bayern vor. Auch an der Finanzierung dieses Feldzugs beteiligte sich Frankreich.
1632 wurde Gustav Adolf in der Schlacht bei Lützen getötet, was den Siegeszug des Bündnisses beendete. Nach der schwedischen Niederlage bei Nördlingen im Jahr 1634 beendeten die protestantischen Reichsfürsten Ihr Bündnis mit den Schweden und schlossen mit dem Kaiser den Prager Frieden. Das brachte jedoch weder Ruhe noch Ordnung.
Die Schweden blieben mit ihrer Armee im Reichsgebiet. Frankreich schaltete sich nun direkt in den Krieg ein. Das schwedische Heer erhielt dadurch einen mächtigen Verbündeten im Kampf gegen den deutschen Kaiser.
Schwedisch-Französischer Krieg (1635 – 1648)
Schwedische und französische Truppen kämpften von da an gemeinsam auf deutschem Boden. Die Schweden konzentrierten sich auf die Verteidigung der eroberten norddeutschen Gebiete. Frankreich übernahm Operationszonen in Süddeutschland, welche die Schweden aufgegeben hatten.
Für die Zivilbevölkerung brach die schlimmste Phase des Krieges an. Marodierende Söldner, die durch die jahrelange Gewalt bereits völlig verroht waren, machten das Reich unsicher. Deutschland blutete mehr und mehr aus.
Welche Gefechte waren kriegsentscheidend?
Im Dreißigjährigen Krieg fanden viele Schlachten statt. Einige der bedeutendsten sind:
Schlacht am Weißen Berg (1620)
Bei diesem Waffengang standen sich Katholiken und Protestanten in Böhmen am “Weißen Berg” in der Nähe von Prag gegenüber. In Folge des Prager Fenstersturzes kämpften sie um die Herrschaft im Land. Die Katholiken behaupteten sich und erlangten die Kontrolle über die böhmischen Gebiete.
Schlacht bei Lutter (1626)
Dieses Gefecht ereignetet sich bei Lutter am Barenberge, ein paar Kilometer südwestlich des heutigen Salzgitter. Dänischen Truppen kämpften gegen ein katholisches Heer unter der Führung von Tilly und Wallenstein. Die katholischen Truppen entschieden die Schlacht für sich und läuteten dadurch das Ende des Dänisch-Niedersächsischen Krieges ein.
Magdeburger Bluthochzeit (1631)
Im Jahr 1631 belagerte eine katholische Streitmacht unter der Führung von Graf Tilly Magdeburg. Die Stadt wurde in kürzester Zeit eingenommen und komplett zerstört.
Die Soldaten plünderten, vergewaltigten und mordeten. Rund 20.000 Magdeburger kamen dabei ums Leben.
Der Name „Magdeburger Bluthochzeit“ ist eine Metapher für die erzwungene Unterwerfung der Stadt. Magdeburg hat eine Jungfrau im Stadtwappen. Diese wurde – bildlich gesprochen – mit der kaiserlichen Übermacht zwangsverheiratet.
Schlacht von Nördlingen (1634)
In dieser Schlacht traf das schwedische Heer auf Truppen des deutschen Kaisers, der Spanier und der Katholischen Liga. Das Gefecht fand in der Nähe von Schloss Nördlingen in Bayern statt. Die katholischen Streitkräfte besiegten die Schweden und erlangten die Kontrolle über Bayern zurück.
Wie wirkte sich der Krieg auf die Zivilbevölkerung aus?
Die Zivilbevölkerung hatte während des Krieges sehr zu leiden. Sie war sowohl militärischen Angriffen als auch Krankheiten, wie der Pest, ausgesetzt, die sich aufgrund der schlechten hygienischen Verhältnisse schnell in Europa ausbreitete.
Der Krieg forderte insgesamt etwa acht Millionen Todesopfer – rund ein Drittel der damaligen deutschen Einwohnerzahl. Ganze Gegenden waren entvölkert.
Flucht und Vertreibung
In der Anfangsphase des Krieges war es für die Bürger schwierig zu erkennen, welche Seite gewonnen und welche verloren hatte. Dies führte zu großer Unsicherheit darüber, ob man in Sicherheit war oder nicht.
Zivilisten in Gebieten, in denen besonders heftig gekämpft wurde, flohen aus ihrer Heimat. Dies führte neben verödeten Landstrichen zu überbevölkerten Gebieten, in denen die Menschen ohne ausreichend Nahrung und Unterkunft zusammenleben müssten.
Auswirkungen auf die Versorgungslage
Der Dreißigjährige Krieg hatte auch enorme Auswirkungen auf die Handelsrouten. Die Handelswege zwischen Nord- und Mitteleuropa waren unterbrochen. Dadurch stiegen die Lebensmittelpreise in Nordeuropa stark an, was es den Menschen dort erschwerte, sich ausreichend zu ernähren.
Ab etwa 1570 führte zudem eine “kleine Eiszeit” mit verregneten Sommern und kalten Wintern zu Missernten, was die Versorgungslage zusätzlich beeinträchtigte.
Hexenverfolgung
In ihrer Verzweiflung suchten die Leute nach Schuldigen für ihre Not. Der Hexenglauben lieferte hierzu einfache Antworten.
Allen voran Frauen, die angeblich mit dem Teufel im Bunde standen, waren ein willkommenes Feindbild. Dadurch erreichte die Hexenverfolgung während des Dreißigjährigen Kriegs ihren Höhepunkt.
Plünderungen und Folter
Marodierende Söldner waren ein weiteres schwerwiegendes Problem. Sie nahmen den Bürgern nicht nur Ihr Hab und Gut, sondern vergewaltigten, folterten und töteten wahllos Menschen.
Eine besonders perfide Foltermethode war der sogenannte „Schwedentrunk“. Hierbei flößte man dem Opfer mit einem Trichter Jauche oder verschmutztes Wasser ein und schlug ihm dann auf den Bauch, sodass innere Verletzungen an den Verdauungsorganen entstanden. Die Opfer starben infolgedessen qualvoll an Infektionskrankheiten oder inneren Blutungen.
Wie endete der Dreißigjährige Krieg?
Angesichts der sinkenden Kampfmoral verständigen sich die Kriegsparteien Ende 1641 auf Friedensgespräche. 1643 traf man erstmals zusammen. Inzwischen war auch ein neuer Kaiser an der Macht. Ferdinand III. hatte 1637 die Nachfolge seines Vaters Ferdinand II. angetreten.
Der Dreißigjährige Krieg endete 1648 mit dem Westfälischen Frieden, der am 24. Oktober desselben Jahres unterzeichnet wurde. Fünf Jahre lang hatte man verhandelt. Die Übereinkunft schuf eine neue politische Ordnung in Europa und trug dazu bei, ein modernes nationalstaatliches System zu etablieren.
Der Name des Friedensvertrages geht auf den Ort zurück, an dem er geschlossen wurde: Westfalen, eine Region im Westen Deutschlands. Das Abkommen ist auch unter dem Namen „Vertrag von Münster und Osnabrück“ bekannt, weil in den beiden Städten Teile des Kontrakts unterzeichnet wurden.
Der Westfälische Friede befasste sich vor allem mit zwei Fragen:
- Wie wird ein möglicher künftiger Konflikt zwischen dem deutschen Kaiser und den Reichsfürsten geregelt?
- Wie werden religiöse Streitigkeiten in Deutschland beigelegt?
Der Vertrag wurde zu einem essenziellen Teil der Reichsverfassung. Er legte fest, dass die Religion von den einzelnen Teilstaaten oder Provinzen und nicht vom Kaiser bestimmt wird. Dies war ein bedeutender Schritt in Richtung religiöser Toleranz.
Zudem wurde eine Friedensordnung etabliert, die auf der Gleichberechtigung der Staaten fußte. Damit wurden die Grundlagen für ein modernes Völkerrecht geschaffen.
Ausführliche Informationen zum Westfälischen Frieden findest Du in unserem Artikel: „Der Westfälische Friede – Das Ende des 30-jährigen Kriegs“.
War der Dreißigjährige Krieg ein reiner Religions- bzw. Glaubenskrieg?
Oft wird die Frage gestellt, ob es sich beim Dreißigjährigen Krieg um einen reinen Glaubenskrieg handelte. Schließlich entfachte er sich an einem Konfessionskonflikt.
Die Frage ist dennoch schwer zu beantworten, denn Kirche und Staat waren im 17. Jahrhundert noch keine getrennten Instanzen. Die Religion war in der Politik allgegenwärtig, genauso wie die Politik in der Religion.
Trotzdem sind die machtpolitischen und geostrategischen Interessen während des Dreißigjährigen Kriegs nicht zu unterschätzen.
Warum unterstützten z.B. die katholischen Franzosen das protestantische Lager und kämpften zum Ende des Krieges an der Seite der Schweden? Wohl kaum, weil die Franzosen über Nacht zum Protestantismus konvertiert waren. Es ging ihnen allein darum, die Macht der Habsburger einzuschränken.
Der Militärhistoriker Peter Wilson ordnet die Frage wie folgt ein:
„Religion und Konfession wirkten identitätsstiftend, mussten sich jedoch gegen politische, soziale und andere Unterscheidungskriterien durchsetzen. Der Dreißigjährige Krieg war nur deshalb ein Religionskrieg, weil der Glaube in der frühen Neuzeit die Richtschnur für alle öffentlichen und privaten Handlungen war. Der Unterschied zwischen Fanatikern und Gemäßigten bestand nicht im Grad des religiösen Eifers, sondern zeigte sich darin, wie eng man Glaube und Handeln miteinander verknüpfte.“
Peter Wilson – Universität Oxford
Fazit
Der Dreißigjährige Krieg war ein zentrales Ereignis in der europäischen Geschichte, das den Kontinent in politischer, sozialer und religiöser Hinsicht grundlegend umgestaltete. Der verheerende Konflikt war geprägt von religiösen Spaltungen, territorialen Streitigkeiten und Machtkämpfen zwischen den großen europäischen Staaten.
Die Auswirkungen des Krieges waren tiefgreifend und führten zu bedeutenden Veränderungen wie der Anerkennung des Calvinismus, der Unabhängigkeit der Niederlande und dem Aufstieg Frankreichs zu einer Großmacht. Der Westfälische Frieden, mit dem der Krieg 1648 beendet wurde, legte neue Grenzen fest und erkannte die territoriale Souveränität in ganz Europa an.
Trotz seines zerstörerischen Charakters spielte der Dreißigjährige Krieg eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der Neuzeit, indem er die Voraussetzungen für die Entwicklung eines modernen Völkerrechts schuf und den Übergang zu einer Gemeinschaft souveräner Staaten in Europa markierte.
Häufige Fragen und Antworten zum Thema (FAQ)
Dass der Dreißigjährige Krieg so lange dauerte, lag an einer Kombination aus religiösen, politischen und wirtschaftlichen Rivalitäten sowie an wechselnden Bündnissen, mitlitärischen Neuerungen und der Beteiligung zahlreicher europäischer Nationen.
Im 30-jährigen Krieg wurden viele Städte und Dörfer in Deutschland zerstört und ganze Landstriche entvölkert. Die am stärksten betroffenen Gebiete lagen im Elbtal sowie in der Regionen um Magdeburg. Zu den bekanntesten zerstörten Städten zählen Magdeburg, Leipzig, Wurzen, Chemnitz, Freiberg und Dresden.
Der Dreißigjährige Krieg hatte erhebliche Folgen für das Heilige Römische Reich Deutscher Nation.
So war die Zahl der zivilen Todesopfer in Deutschland am höchsten. Schätzungen zufolge verringerten bewaffnete Konflikte, Krankheiten und Hungersnöte die Bevölkerung um 15 bis 20 %.
Der Krieg verwüstete zudem viele deutsche Städte und Regionen, was zu einem hohen Verlust an Menschenleben und einer erheblichen Zerstörung von Infrastruktur und Eigentum führte.
Das zog wiederum einen enormen Verlust an Wohlstand und wirtschaftlicher Macht in den deutschen Territorien nach sich, was diese auf Jahre hinaus beeinträchtigte.
Der Westfälische Friede, der den Krieg 1648 beendete, führte zudem zu tiefgreifenden politischen Veränderungen in den deutschen Teilstaaten. Zum Beispiel erhielten die deutschen Fürsten wieder das Recht, ihre Religion selbst zu bestimmen.
Der Dreißigjährige Krieg war durch den Ausbruch der Beulenpest gekennzeichnet, die den Konflikt maßgeblich beeinflusste. Die Krankheit breitete sich rasch in ganz Europa aus und verursachte großes Leid und Tod unter Soldaten und Zivilisten. Die Epidemie beeinflusste auch den Kriegsverlauf, da die Armeen gezwungen waren, sich zurückzuziehen oder die von der Seuche betroffenen Gebiete zu meiden.
Der Dreißigjährige Krieg hatte tiefgreifende Auswirkungen auf die Kunst und Literatur in Europa. Er führte in vielen Teilen Mitteleuropas zu einem Niedergang der Kunst, da wichtige kulturelle Zentren zerstört wurden. So wurde beispielsweise der Hof von Rudolf II. in Prag gestürmt und wertvolle Kunstwerke entwendet.
Der Krieg inspirierte aber auch zu kraftvollen künstlerischen Darstellungen wie Peter Paul Rubens’ Gemälde “Folgen des Krieges”, das die Tragödie des Dreißigjährigen Krieges eindrucksvoll widerspiegelt.
Nach Kriegsende kam es zudem zu einer beispiellosen Blüte der deutschen Literatur. In späthumanistischen Schriften, wie denen der Rosenkreuzer, wurden Utopien von einer besseren Welt entworfen. Andere Literarische Werke setzten sich mit dem Elend der Zivilbevölkerung auseinander.
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Literatur:
- Huch, Ricarda: Der dreißigjährige Krieg, Anaconda Verlag, 07.08.2019.
- H.Wilson, Peter: Der Dreißigjährige Krieg. Eine europäische Tragödie. Ursachen, Akteure und Folgen eines jahrzehntelangen Konflikts. 2. unveränderte Ausgabe, wbg Theiss in Wissenschaftliche Buchgesellschaft (WBG), 29.01.2021.
- Münkler, Herfried: Der Dreißigjährige Krieg: Europäische Katastrophe, deutsches Trauma 1618 – 1648, 4., Rowohlt Taschenbuch, 16.04.2019.
- Pantle, Christian: Der Dreißigjährige Krieg: Als Deutschland in Flammen stand | Vom Rauben, Morden, Plündern – und der Menschlichkeit im Krieg, 7., Propyläen Verlag, 13.10.2017.
- https://www.planet-wissen.de/geschichte/neuzeit/der_dreissigjaehrige_krieg/index.html
- https://www.welt.de/geschichte/article176598748/30-jaehriger-Krieg-Wie-das-endlose-Sterben-die-Deutschen-gepraegt-hat.html
- https://www.deutschlandfunk.de/dreissigjaehriger-krieg-kampf-um-macht-und-glauben-100.html
Beitragsbild: Wallenstein – Eine Szene aus dem Dreißigjährigen Krieg – Ernest Crofts., Public domain, via Wikimedia Commons
Vielseitig interessierter und leidenschaftlicher Autor zu Themen, wie Geschichte, Philosophie, Technik, Wirtschaft, Literatur uvm.