In Deutschland ist das sogenannte “Sperrmüll-Fleddern” eine beliebte Freizeitbeschäftigung. Wenn eine Sperrmüllabholung angekündigt wurde, sieht man oft semiprofessionelle Sammler, die durch die Straßen fahren und nach wiederverwertbaren Gegenständen suchen.
Müll ist nicht automatisch herrenlos
Nur wenige Menschen wissen, dass Dinge, die andere in den Müll werfen, nicht automatisch herrenlos sind. Die meisten Deutschen gehen anscheinend davon aus, dass sie alles mitnehmen können, was andere an den Straßenrand stellen. Das ist jedoch ein Irrtum.
Eine höchstrichterlicher Rechtsprechung, ob Sperrmüll mit nach Hause genommen werden darf, gibt es bisher nicht. Über die Einzelheiten herrscht deshalb große Uneinigkeit. Einige Rechtsexperten sind der Meinung, dass es immer eine Straftat darstellt, wenn man Sperrmüll mit nach Hause nimmt.
Wie wahrscheinlich ist eine Bestrafung?
Es ist jedoch höchst zweifelhaft, ob ein Gericht jemanden bestrafen würde, weil er vom Sperrmüll einen alten Stuhl mitgenommen hat, den ein anderer offensichtlich nicht mehr benötigt.
Die Zahl der Personen, die in solchen Fällen Strafanzeige erstatten, ist ohnehin verschwindend gering. Denn wer hat schon Interesse daran, jemanden zu bestrafen, der einem den Müll abnimmt?
Bei Gegenständen, bei denen man nicht ohne weiteres davon ausgehen kann, dass der ursprüngliche Eigentümer einer Aneignung zustimmen würde, kann die Situation jedoch ganz anders aussehen.
Die Zustimmung zur Aneignung bzw. die Aufgabe des Eigentums ist entscheidend
Wenn ein Künstler beispielsweise der Meinung ist, dass es ein von ihm erstelltes Gemälde nicht wert ist, ausgestellt oder verkauft zu werden, und er es in den Mülleimer wirft, kann es sein, dass er sich dagegen wehrt, dass andere das Werk an sich nehmen, zur Schau stellen oder gar weiterverkaufen.
In einem ähnlich gelagerten Fall hat das Landgericht Ravensburg entschieden, dass ein Künstler von einem Müllsammler die Rückgabe seines Gemäldes verlangen kann. Allein die Müllabfuhr wäre berechtigt gewesen, das Gemälde mitzunehmen. Das Gleiche gilt für persönlichere Gegenstände wie Briefe, Bankunterlagen und Tagebücher.
Derjenige, der solche Sachen zur Abholung bereitstellt, will diese ja schließlich vernichten lassen. Er möchte nicht, dass seine Nachbarn oder andere Personen die Dokumente zu Gesicht bekommen. Deshalb kann in solch einem Fall von einer „Eigentumsaufgabe“ keine Rede sein.
Das Gleiche gilt für Sachen, die am Straßenrand für wohltätige Zwecke gesammelt werden. Wenn man z.B. Altkleider in eine DRK-Tüte packt und diese vor der Haustür abstellt, damit das Rote Kreuz sie abholen kann, möchten man nicht, dass jemand anderes die Tüte findet und den Inhalt einsteckt.
Mit welcher Strafe muss man rechnen?
Ein Müllsammler, der solche Gegenstände an sich nimmt, könnte strenggenommen wegen Unterschlagung oder Diebstahl belangt werden.
In den meisten Fällen wird das Mitnehmen von Sperrmüll (soweit es zu einer Anzeige kommt) jedoch als Ordnungswidrigkeit eingestuft und mit einem Bußgeld belegt. Bei einem ersten oder einmaligen Verstoß wird der Richter gnädig sein und nur eine Verwarnung aussprechen.
Näheres findet man hierzu im § 959 BGB, “Aufgabe des Eigentums”.
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Quellen und weiterführende Links:
- https://www.welt.de/finanzen/verbraucher/article149067397/Warum-Sie-Sperrmuell-nicht-einfach-mitnehmen-duerfen.html
- https://praxistipps.focus.de/sperrmuell-von-der-strasse-mitnehmen-das-sollten-sie-beachten_114960
- https://www.derwesten.de/wohnen/sperrmuell-ist-fuer-alle-da-zehn-irrtuemer-zum-thema-sperrmuell-id7155502.html
Beitragsbild: Sperrmüll – Pixabay (Free for commercial use, No attribution required)
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